Freitagabend. Ich bin bereits einen Tag vorher nach Linz angereist. Kein Stress, kein Gehetze – einfach ein entspanntes Abendessen, eine warme Dusche und eine erholsame Nacht im Leonardo Hotel. Ich fühle mich ausgeruht und bereit für mein erstes richtiges Trail-Abenteuer – dem Donautrail.
Samstagmorgen, 15. März. 3 Grad, Regen, rutschiger Boden – perfekte Bedingungen, um an seine Grenzen zu gehen. Ich stehe in der Linzerie zwischen all den anderen Läufern und Wanderer, schaue in aufgeregte Gesichter. Manche strahlen, andere mustern skeptisch den grauen Himmel. Ich? Ich bin irgendwo dazwischen. Aufgeregt, unsicher, aber voller Vorfreude.
Mein Plan: 22 Kilometer, 700 Höhenmeter, zwei harte Anstiege. Mein Ziel? Durchkommen & Spaß haben.
Startschuss – Matsch ahoi!
10 Uhr. Der Startschuss fällt. Los geht’s! Die ersten Kilometer sind ein Traum. Ich bin noch voller Energie, der Regen ist eher erfrischend als störend, und ich laufe locker durch die Straßen von Linz. Noch lache ich über die ersten nassen Stellen – naiv, wie ich jetzt weiß.
Dann geht’s in den Wald. Und plötzlich wird jeder Schritt zum Abenteuer. Der Boden ist rutschig, der Matsch tief, und meine Schuhe haben so gut wie keinen Grip. Jeder Fuß setzt auf unsicherem Untergrund auf. Ich strauchle, fange mich, rutsche ein Stück bergab, schaffe es gerade noch, mich zu stabilisieren.
Und dann – bäm! Mein Fuß verliert den Halt, mein Körper kippt nach hinten, und ich lande mit voller Wucht auf dem Popöchen.
Kalt. Nass. Dreckig. Mein erster Reflex: Na super, hoffentlich hat das keiner gesehen! Dann muss ich einfach lachen. Ich bin hier nicht beim Stadtlauf – das hier ist ein Trailrun. Und der nimmt keine Rücksicht. Also schnell wieder aufrappeln, weiterlaufen bzw. weiterrutschen.
Pöstlingberg – die 1. Labe
Es geht nach oben. 400 Höhenmeter auf wenigen Kilometern klingen harmlos – fühlen sich aber an wie eine Strafe. Ich versuche, einen Rhythmus zu finden, aber der rutschige Boden macht mir einen Strich durch die Rechnung. Jeder Schritt ist ein Balance- und Konzentrationsakt. Einmal trete ich auf eine scheinbar feste Stelle – nur, um dann knöcheltief im Schlamm zu versinken.
Meine Oberschenkel ziehen, mein Puls steigt immer mehr, und meine Beine fühlen sich schwerer an als erwartet. Aber die Aussicht! Ein kurzer Blick zurück: Linz liegt unter mir, die Donau schimmert im diffusen Licht. Ich atme durch. Genau für solche Momente mache ich das.
Kilometer 8. Ich bin durchnässt, aber eigentlich geht es mir noch ziemlich gut.
Die erste Verpflegungsstation taucht auf, und ich könnte sie umarmen. Kaffee, Iso, Obst – und Brote mit Schokoaufstrich. Ich schnappe mir eins, kaue genüsslich und spüre, wie mein Körper neue Energie tankt. Ich überlege kurz, länger hierzubleiben – aber zu gemütlich darf es nicht werden. Ich weiß, dass der nächste Abschnitt härter wird.
bei ca. 13 km – die 2. Labe am Koglerauer Spitz
Nach der ersten Labe geht es weiter – und plötzlich fühlt sich jeder Schritt schwerer an. Ich laufe und rutsche, ich kämpfe, und ja ich fluche. Der Regen hat endlich aufgehört, auf 700 Höhenmetern mischt sich teilweise Schnee dazu. Meine Finger sind geschwollen, meine Beine müde, meine Schuhe mittlerweile nur noch zwei Schlammbrocken.
Und dann kommt dieser Moment. Der Moment, in dem mein Kopf sagt: Warum tust du dir das an? Ich denke an meine warme Dusche, an trockene Kleidung, an ein heißes Getränk. Aber genau in diesem Moment geschieht das Magische am Trail Running: Du hörst auf zu denken. Der Kopf verstummt, der Körper übernimmt. Ich laufe nicht mehr gegen den Matsch an, ich nehme ihn an. Ich lasse mich vom Rhythmus tragen, ignoriere die Erschöpfung und laufe einfach weiter.
Beim Köglerhof taucht die zweite Verpflegungsstation auf – und in diesem Moment gibt es nichts, was ich mehr brauche als genau das. Linsensuppe. Ich nehme mir eine Schale, halte die warme Suppe in meinen dreckigen Händen und schlürfe langsam. Der Geschmack? Die beste Suppe. Hauptsache warm.
Ich sitze kurz auf einer Bank, schaue mich um und beobachte die anderen Teilnehmer. Manche wirken so, als könnten sie noch ewig weitermachen. Ich? Ich bin noch motiviert, denn jetzt geht es eh nur mehr bergab, oder?
ca. 10 Kilometer noch bis ins Ziel.
Die letzten Kilometer – Ein Spiel gegen den Kopf
Der Weg nach unten ist nicht einfacher. Matsch soweit das Auge reicht, rutschige Wurzeln, nasse Steine & Blätter. Ich versuche, das Beste daraus zu machen, aber irgendwann höre ich auf, vorsichtig zu sein. Ich nehme die Geschwindigkeit mit, lasse mich bergab tragen – und hoffe einfach, dass meine Beine halten.
Letzte Meter am Asphalt. Ich weiß nicht, woher die Kraft kommt, aber ich beschleunige. Mein Körper ist völlig am Ende, aber meine Beine laufen einfach weiter. Jeder Kilometer zieht sich. Meine Oberschenkel schreien nach einer Pause, mein Kopf wird leer. Aber irgendwann sehe ich das Schild Richtung Zieleingang: Nur mehr die Rolltreppe hinauf. Dann überquere ich die Ziellinie. Nach 4,5 Stunden knapp 25 Kilometer.
Erschöpft. Nass. Glücklich.
Ich bleibe stehen. Luft holen. Spüren. Realisieren. Ich habe es geschafft.
Ich blicke mich um. Überall dreckige Beine, erschöpfte, aber glückliche Gesichter. Niemand ist hier sauber ins Ziel gekommen – und genau das macht es aus.
War es hart? Ja.
Habe ich gelitten? Definitiv.
Würde ich es wieder tun? Frag mich das in ein paar Tagen erst
Donau Trail Linz 2025 – du warst brutal, du warst episch, du warst ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.